Es begab sich vor nicht allzu langer Zeit in unserer Stadt, da kreiste der Buhmann „Haushaltssicherungskonzept“ über den Köpfen der in der Jugendarbeit Tätigen. Wegen der damals bestehenden Haushaltsschieflage holten Politik und Verwaltung den Säbel raus und liessen ihn insbesondere im Bereich „Förderung der Jugendarbeit“ mal so richtig kreisen. Zu etwa der gleichen Zeit beschloss der Rat der Stadt, ein gar wunderliches Allheilmittel gegen Fremdbestimmung von Fachbudgets und Finanzengpässe, die sogenannte Budgetierung, einzuführen. Nun waren Politik und Verwaltung der Ansicht, dass auch die in der Jugendarbeit Tätigen ihren Beitrag zum Heileheile der Stadtfinanzen beizutragen hätten: „Seht, auch Ihr müsst Euer Päckchen tragen, auf dass auch in der Zukunft ein Jeder sein erträgliches Auskommen mit den Zuwendungen der Stadt Neuss habe.“ Nicht gerade frohen Mutes, aber dennoch unverzagt machten sich die Jugendbewegten frisch ans Werk: „Wir sind ja nicht alleine, ein jeder in dieser Stadt wird den Zehnten zum Wohle aller aufbringen.“ Aber was mussten sie feststellen? Bei weitem nicht ein jeder hatte seinen Beitrag leisten müssen/können; die Folge war, dass fehlende Zehnte anderer Bereiche z.T. auch noch durch Kürzungen im Jugendbereich aufgebracht werden mussten. Und da sie nicht gestorben sind (die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Jugendarbeit!!), laborieren sie an den Folgen noch heute.
Jetzt aber mal Sarkasmus beiseite: Die gerade im Jugendbereich vorgenommenen überdimensionalen Kürzungen im Haushaltsjahr 1993, verbunden mit dem sich anschliessenden Haushaltssicherungskonzept und der durch Ratsbeschluss eingeführten Budgetierung der Fachbereiche führte zu einer Absenkung der Mittel gerade in den Bereichen, aus denen offene und verbandliche Kinder- und Jugendarbeit finanziert wird.Von dem damaligen Schlag mit dem Säbel haben sich die entsprechenden Einzelbudgets bis heute nicht erholt, von einigen punktuellen Verbesserungen in den Folgejahren einmal abgesehen..Zugleich gab es andere Ausgabenbereiche im städtischen Haushalt, die, sofern überhaupt, Kürzungen in weit geringerem Umfang hinzunehmen hatten und daher folgerichtig heute aus einem weit positiveren Fachbudgetniveau heraus operieren können.Im Einzelnen nachzulesen ist dies in der vom Jugendring herausgegebenen Broschüre „Die Entwicklung des Neusser Jugendetats in der Zeit von 1980 – 1995“, auf die später noch Bezug genommen wird (einige wenige Restexemplare dieser Broschüre sind noch beim Jugendring Neuss erhältlich).
Dass der Jugendring Neuss sich nunmehr genötigt sieht, die damals erstellte Broschüre fortzuschreiben, liegt nicht in erster Linie am konkreten städtischen Haushaltsplanentwurf in seiner am 17.12.99 in den Rat eingebrachten Fassung für das Haushaltsjahr 2000, sondern in seinen Auswirkungen auf die Finanzplanung für die Jahre 2001 – 2003. Teilweise steckt der Teufel hier im Detail, will sagen, diverse Kürzungen lassen sich erst durch Gegenüberstellung mit dem Vorjahresetat und entsprechende Rechenoperationen entdecken.Grossalarm löst aber erst recht die dem HH-Plan beigefügte Liste der „Massnahmen des Haushaltsplan-Entwurfs 2000 und der Finanzplanung 2001 – 2003, über die gesondert zu beraten ist“, aus!
Um zu belegen, welche für offene und verbandliche Jugendarbeit verheerenden Auswirkungen sich dahinter verbergen, müssen wir uns die einzelnen Positionen etwas genauer ansehen. Nebenbei riskieren wir auch einen Blick auf einige andere beispielhafte Haushaltspositionen, die wir auch bereits in unserer Broschüre zum Vergleich herangezogen hatten (Vorbemerkung: Eine 100%-ige Fortschreibung der damaligen Studie ist leider nicht möglich, da einzelne Haushaltspositionen im Zuge der Budgetierung zusammengefasst wurden. Wo dies geschehen ist, verwenden wir ersatzweise die Positionen, in die der damalige Haushaltsbereich aufgegangen ist; über die Verteilung auf die ursprünglichen Haushaltsstellen können jedoch nur die entsprechenden Fachämter Aussagen treffen.).
Gemeinsam ist allen nachfolgenden Haushaltspositionen (bzw. sollte es ihnen sein), dass nach Ende des Haushaltssicherungskonzepts im Rahmen einer langjährigen Finanzplanung ein jährlicher Steigerungssatz von ca. 1,5% eingebaut wurde, um eine Anpassung an die Preissteigerungsrate zu gewährleisten (Das ändert natürlich nichts an dem seit Jahren bestehenden Grundübel, vgl. Broschüre).
JUGENDERHOLUNG/SOZIALES FERIENWERK
In den vergangenen Jahren gab es keine grossen Ausreisser nach oben oder unten mehr, nachdem der zugrundeliegende Sockel erst mal ordentlich zusammengestrichen wurde. Der Haushaltsansatz für 2000 sieht einen Betrag iHv DM 368.600,-vor,die letztjährige Finanzplanung einen Betrag von DM 406.000,-. Diese Differenz lässt sich auch für die Jugendverbände nachvollziehbar durch die anteilige Kürzung nicht abgerufener Mittel für das soziale Ferienwerk begründen. ABER: Im Rahmen der „Massnahmen(…)“ soll dieser Betrag um nochmals 60.000,- DM gekürzt werden! Lapidare Erläuterung der Verwaltung lt. Vorlage: „Die Zuschüsse im Bereich der Jugendarbeit werden um 10% gekürzt“. Das lässt sich zwar anhand Ausgangs- und Kürzungsbetrag zwar rein rechnerisch gar nicht darstellen, aber: so what?
Mal abgesehen davon, dass hier der Kern ehrenamtlichen Engagements getroffen wird, muss sich eine Kämmerei fragen lassen: Legen Sie Wert auf die Meinung ehrenamtlich Tätiger in der Stadt Neuss oder handeln Sie in dem Bewusstsein eigener Machtvollkommenheit?
LAUFENDE ZUSCHÜSSE FÜR OFFENE TÜREN
Von 2000 auf 2001 Kürzung um 35.000,- DM, Erläuterung s.o. Pikant dabei: In 1999 übernahm die Stadt dankenswerterweise ausfallende Mittel nach dem Landesjugendplan iHv DM 58.000,-; insgesamt entfielen jedoch 78.000,- DM. Die fehlenden 20.000,- DM konnten von den Trägern der Einrichtungen nicht durch sogenannte Projektanträge an Landesmitteln erwirtschaftet werden.; in 2000 werden auch die 58.000,- DM nicht mehr von der Stadt Neuss getragen. Folge für die offenen Einrichtungen freier Träger, verglichen mit 1998: 20.000,- minus in 1999, 58.000,.- minus in 2000, 35.000,- minus in 2000 ergibt ein Gesamtminus iHv DM 113.000,-!!
Pikant dabei wiederum: Monatelang versuchen die Träger der Offenen Einrichtungen als auch die Jugendverwaltung, einen sowohl inhaltlich als auch finanziell tragfähigen Kompromiss auszuhandeln. Schlussendlich gelingt das sogar: Die Träger der freien Jugendhilfe einigen sich auf einheitliche Richtlinien zur Förderung der offenen Jugendarbeit, der JHA bestätigt einstimmig im August 1999 die Notwendigkeit der Einstellung der entgangenen Landesmittel iHv DM 78.000,-, Frage.: Warum das alles, wenn solche Bemühungen quasi mit einem Federstrich beiseite geschoben werden?
VERWALTUNGS-UND BETRIEBSKOSTEN DER OFFENEN EINRICHTUNGEN DER STADT NEUSS
Hier haben wir einmal eine Position, die nicht im „Massnahmem(…)“-Papier aufgeführt ist, die aber auch nichts an Brisanz zu Wünschen übrig lässt. Dahinter verbergen sich die Zuwendungen für die offenen Einrichtungen der Stadt Neuss. Da nun einmal das Prinzip „Verwaltung spricht mit einer Stimme“ gilt, will sagen, die Verwaltung des Jugendamtes kann den interessierten Beobachter nicht selbst auf den hier eingearbeiteten „Klops“ hinweisen, sind wir vom Jugendring Neuss so frei.
Bereits von 1999 auf 2000 wurde dieser Zuschuss von 106.380,- DM auf 58.500,- DM gekürzt; kompensiert werden soll dies durch vermehrte Einnahmen aus Lebensmittel- und Getränkeverkauf. Mit einigem Bauchgrimmen liesse sich das als Sparbeitrag der städtischen Einrichtungen noch hinnehmen. Dieser Betrag soll in 2001 abermals auf 21.960,- DM zusammengestrichen werden. Wie davon noch VIER offene Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen betrieben werden sollen, das verstehe wer will.
Man kann diese Liste noch weiterführen: So sollen die Kath. Arbeitsgemeinschaft f. Weiterbildung (Willi-Graf-Haus, Edith-Stein-Haus 20.000,- „Federn“ lassen und die Beratungsstellen in kath. und ev. Trägerschaft mit 40.000,- DM weniger Betriebskosten auskommen, was bei letztgenannten im Bereich Betriebskosten eine Kürzung um mehr als 75%(!) bedeutet.
Danach aber, so das kleine Trostpflaster in der Finanzplanung, geht’s mit 1,5%-Schritten wieder aufwärts.
Aber genug gejammert, es trifft ja alle Haushaltsbereiche gleichermassen, so dass die vorgesehenen Kürzungen zwar bitter, in Teilbereichen sogar existenzgefährdend sind, aber es trifft ja alle gleich.
TRIFFT ES ALLE GLEICH??
Wer so fragt, impliziert natürlich auch die Antwort: NATÜRLICH NICHT!!
Bereits in der angesprochenen Broschüre hatten wir uns beispielhaft einige andere Positionen herausgesucht, die mit den Positionen des Jugendbereichs vergleichbar sind (allerdings nicht von deren Rechtsnatur her, da sind die Positionen im Jugendetat eindeutig stärker – Pflichtaufgaben nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz(KJHG)). Der Einfachheit halber bleiben wir doch einfach beim damaligen und schauen uns das jetzt mal unter dem Gesichtspunkt Finanzplanung ab 2001 an:
Zuschuss zum Geschäftsbedarf der Fraktionen
Bereits damals hatten wir den Fraktionen nachgewiesen, dass sie sich nicht nur NICHT an den Sparmassnahmen beteiligten, sobald es ihre ureigenen Interessen betraf; in der Folge erreichte dieser Zuschuss einen bis heute anhaltenden historischen Höchststand. Beteiligung nachweislich der Finanzplanung ab 2001: ABSOLUTE FEHLANZEIGE!!
Zuschuss Deutsche Kammerakademie
Keine Einschränkung, sondern obligatorische Erhöhung um 1,5%.
Zuschuss Neusser Bürger-Schützenverein
Ja wo kämen wir denn da hin?! Wie Kammerakademie.
Alte Post
Ebenfalls Fehlanzeige. Im Gesamtzuschussbedarf dieser Einrichtung ist auch nach der neuen Finanzplanung eine jährliche Steigerung vorgesehen.
Hier wollten wir aber auch mal wissen, ob Einrichtungen in städt. Trägerschaft wenigstens die Betriebskosten betreffend gleich behandelt werden. Und was stellen wir da fest? Ab 2001 wie gehabt eine 1,5%-ige Steigerung, keine Beteiligung am Sparpaket. Mal abgesehen davon, dass von den hierfür veranschlagten 142.600,- DM die Betriebskosten der städtischen Jugendeinrichtungen wie im Plan ab 2001 vorgesehen siebenmal abgedeckt wären, möchten wir gerne den Grund für die Bevorzugung von einzelnen Einrichtungen innerhalb der Stadt Neuss erfahren.
WELCHE SCHLÜSSE ZIEHEN WIR DARAUS?
Es gilt das Gleiche wie in der damaligen Broschüre gesagte, es potenziert sich sogar:
Bereits damals tat sich eine Gerechtigkeitslücke auf; entweder wurden einzelne Etatbereiche erst gar nicht an Sparmassnahmen beteiligt (Im Gegenteil, s.Fraktionen) oder nicht im gleichen Mass wie der Jugendbereich. Wer nun dachte, dass die duldsame Hinnahme dieses Missstandes jetzt, wo´s wieder knapp wird, honoriert wird, ist auf dem Holzweg: Auf ein Neues wird der Jugendetat überproportional zur Ader gelassen, d.h. anstatt die bereits bestehende Gerechtigkeitslücke vielleicht durch bevorzugtes „Bedenken“ der damals Davongekommenen ein wenig zu verkleinern oder aber durch gleichwertige Einschnitte zumindest beizubehalten, gibt`s noch einen Nachschlag. Aus ungerecht wird ungerechter; einen marktschreierischen Superlativ verkneifen wir uns an dieser Stelle. Wer aber glaubt, dass man mit einer solchen Politik des Kahlschlags noch Träger von Jugendeinrichtungen oder Jugendverbände zu konstruktiver Mitarbeit bei Finanzplanungen für die Zukunft motivieren kann, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.Das Wortgeklingel, sei es nun in Neujahrsgrussworten des Bürgermeisters oder wo auch immer, haben wir noch im Ohr: Neuss steht gar nicht schlecht da, insbesondere Dank des überdurchschnittlichen ehrenamtlichen Engagements der Neusser Bürgerinnen und Bürger.
Von Seiten der in der Jugendarbeit Tätigen (ob ehren- oder hauptamtlich) hier nur soviel: Viel wichtiger als solche mittlerweile schal anmutenden Worthülsen ist uns PLANUNGSSICHERHEIT. Eine verlässliche Finanzausstattung unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt sagt mit Sicherheit weit mehr über den Stellenwert ehrenamtlichen Engagements in dieser Stadt aus als blosse Lippenbekenntnisse!!
Am Ende die entsprechenden Haushaltspositionen mit Angabe von Seitenzahl im 2000er Haushalt (für Kommunalpolitiker, Haushaltsexperten (und solche, die es werden wollen), Freaks und sonstige Interessierte:
Jugenderholung/Soziales Ferienwerk: Pos.1.451.7170.9 Seite 403
Zuschüsse Offene Türen Pos. 1.460.7170.8 Seite 410
Offene Einrichtungen der Stadt Neuss Pos. 1.460.6200.8 Seite 410
Weiterbildung Pos.1.462.7170.7 Seite 412
Beratungsstellen Pos. 1.465.7171.9 Seite 414
Fraktionszuschüsse Pos. 1.000.6500.2 Seite 98
Kammerakademie Pos. 1.330.7171.7 Seite 306
Bürger-Schützen-Verein Pos. 1.336.7173.1 Seite 319
Alte Post allg. DIFFERENZ Seite 309
Alte Post Verwaltung und Betrieb Pos. 1.333.6200.2 Seite 308
Alle Angaben beziehen sich auf den Haushaltsplan Band I